Timm's Mile-High-Meinung: Was die Patrick-Verletzung für Denver bedeutet
- Timm Ottenberg
- 3. Aug. 2022
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. März 2023

Schock-Nachricht für die Broncos: Wide-Receiver Tim Patrick hat sich schwer verletzt und fällt die komplette Saison aus. Was bedeutet der Ausfall für die Broncos und wie könnte es jetzt weiter gehen? Fragen, mit denen sich unser Host Timm Ottenberg in seinem neuen Format Mile-High-Meinung in dieser Ausgabe beschäftigt.
Disclaimer: Bei diesem Format handelt es sich um die Meinungsdarstellung unseres Autors. Die müsst ihr nicht teilen und über die darf auch gerne diskutiert werden - aber bitte freundlich, sachlich und respektvoll. Und jetzt viel Spaß beim Lesen!
Nach Courtland Sutton im Jahr 2020 und KJ Hamler in der letzten Saison hat es nun Wide Receiver Tim Patrick bei den Denver Broncos getroffen. Die Diagnose: Gerissenes Kreuzband. Eine Diagnose, die vor einigen Jahren noch ein Karriereende bedeutet hätte, ist heutzutage in der NFL noch nicht den Weltuntergang.
Dennoch steht seit gestern eindeutig fest, dass die Broncos auf ihren verlässlichsten Passempfänger der letzten Spielzeiten für die Saison 2022 komplett verzichten müssen. Grund genug, um zu analysieren, was der Wegfall von Patrick für die Broncos bedeutet und wie es jetzt in der Mile-High-City weitergehen wird.
Patrick - ein Verlust auf und neben dem Platz
Wenn es in den letzten eher erfolglosen Spielzeiten in Colorado einen "Mister Zuverlässig" gab, dann war es Tim Patrick. In den letzten zwei Jahren gelangen ihm jeweils pro Spielzeit mehr als 50 Catches und er überschritt damit in beiden Spielzeiten die 730 Yard-Marke. Und dies wohlgemerkt mit Quarterbacks wie Drew Lock und Teddy Bridgewater, die nun wirklich nicht zur absoluten Elite der NFL auf ihrer Position gehören. Auch ließ Patrick in der letzten Spielzeit gerade einmal drei Pässe fallen, die in seine Richtung geworfen worden. Diese sicheren Hände wird Neu-Quarterback Russel Wilson schmerzlich vermissen.
Aber fehlen wird nicht nur der Spieler Tim Patrick, sondern auch der Mensch auf dem Platz. Zumindest neben dem Platz und in den Video-Meetings wird er den Broncos in der Saison glücklicherweise erhalten bleiben können. Wenn man sich die Interviews mit Mitspielern und Coaches nach der schweren Trainingsverletzung des Veteranen anhört, wird ein klares Bild gezeichnet: Das Bild von Patrick als beliebten Spieler, der mit seiner Erfahrung als Veteran für die jüngeren Team-Kollegen eine Mentoren-Rolle einnahm. Patricks Beliebtheit in der Mannschaft wurde deutlich, als es zu der schweren Verletzung kam. Cheftrainer Nathaniel Hackett pausierte unüblicherweise das Training, alle Team-Kollegen leisteten Patrick auf dem Platz mentale Unterstützung. Reciever-Kollege KJ Hamler folgte Patrick sogar in die Kabine. Die Broncos verlieren somit eine echte Führungspersönlichkeit auf dem Platz.
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Lösung in den eigenen Reihen?
Nun stellt sich selbstverständlich die Frage, wie es für die Broncos wenige Wochen vor Saisonstart wegen der Verletzung von Patrick weitergehen wird. Cheftrainer Hackett nahm nach dem Training alle übrigen Passempfänger im Kader in die Pflicht und bemühte die berühmte „Next-Man-up“-Formulierung. Zugegeben eine Floskel, aber wie kann der Ausfall von Patrick zumindest teilweise aufgefangen werden. Mit seinen Stärken avancierte Patrick über die letzten Spielzeiten eindeutig zum klaren Passempfänger Nummer eins im Kader der Broncos. Die Lücke müssen jetzt Courtland Sutton und Jerry Jeudy auffangen, die mit Patrick zusammen die Start-Aufstellung auf der Receiver-Position in der letzten Saison bildeten. Von beiden wird mit Russel Wilson Großes erwartet. Diese ohnehin schon hohen Erwartungen werden nun durch die Verletzung von Patrick nur weiter steigen. Beide haben bereits stellenweise das Potenzial gezeigt, dass sie dieser Aufgabe gewachsen sein können. Beide müssen aber auch dringend konstanter in ihren Leistungen werden, damit dies gelingen kann.
Stellt sich die Frage, wer dann die Positionen des dritten und vierten Passempfängers in der Rotation auf einem hohen Niveau übernehmen kann. Fest steht, dass neben dem physisch starken Sutton und dem sehr guten Routen-Läufer Jeudy die Rolle des verlässlichen Passempfängers durch die Abwesenheit von Patrick wegfallen wird. Aber welche anderen Optionen haben die Broncos? Die naheliegendste Option für die Position des dritten Receivers ist KJ Hamler. Hamler kommt aber auch aus einer schweren Verletzung aus dem letzten Jahr und wird zurzeit nur langsam mit individuellen Übungen aufgebaut. Wenn er fit wird, kann Hamler durch seine Geschwindelt das vertikale Element in der Broncos Offensive bilden und somit Sutton, Jeudy und auch Tight End Albert O die Möglichkeit für offene Pässe auf den kurzen Routen geben. Ob Hamler jedoch bereits in den ersten Wochen fit genug sein wird, um diese Rolle vollständig auszufüllen, ist zumindest fraglich.
Sollte Hamler nicht fit werden, sind in meinen Augen die beiden besten Optionen für die Rolle des dritten Receivers entweder Kendall Hinton oder Travis Fulgham. Beide haben bereits einige Snaps in der regulären Saison gespielt. Hinton hat für mich in diesem Duell die Nase vorn, da er in der letzten Saison teilweise mit guten und soliden Leistungen überzeugte. Aber ob er den Sprung auf die Position des dritten Passempfängers verbunden mit deutlich mehr Verantwortung schaffen kann, ist zumindest mal kritisch zu hinterfragen. Der aktuelle Gewinner des Trainingscamps hingegen scheint Rookie-Receiver Montrell Washington zu sein. Ursprünglich war dieser vor allem für Aufgaben in den Special Teams angedacht. In letzter Zeit häuften sich jedoch die lobenden Stimmen aus dem Trainer-Team der Broncos. Jedoch ist Washington eine komplette Wildcard, hat er doch noch keine einzige Spielminute auf NFL-Niveau absolviert.
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Doch eine externe Lösung notwendig?
Washington, Hinton und Fulgham werden somit interessante Personalien in den Preseason-Spielen werden. Manager George Paton hat Arbeit vor sich, muss er doch überprüfen, ob einer dieser drei Kandidaten die interne Ersatzlösung darstellt, und auch, ob KJ Hamler rechtzeitig fit und voll belastbar werden wird. Sollte für Paton die Antwort auf eine dieser Fragen „Nein“ lauten, sollten die Broncos die Verpflichtung eines weiteren Passempfängers in Erwägung ziehen. In den vergangen 24 Stunden kursierten in diesem Kontext bereits einige Namen durch das Internet. Für mich zu vernachlässigen sind die Namen Odell Beckham Junior und Cole Beasly. OBJ wird auch bei den Cowboys und den Rams gehandelt, würde also teuer werden. Beasly hingegen fiel während der Corona-Pandemie häufiger mit doch fragwürdigen Äußerungen auf und sollte deshalb ebenfalls keine Rolle in den Plänen der Broncos spielen.
Meiner Meinung nach kommen vier Spieler für die Broncos als mögliche Kandidaten infrage: Will Fuller, Emmanuel Sanders, T.Y. Hilton und DeSean Jackson. Letzterer wäre eine Option, wenn Hamler nicht rechtzeitig fit wird, die Broncos jedoch nicht auf das vertikale Element mit hoher Geschwindigkeit im Passspiel verzichten wollen. Emmanuel Sanders und T.Y. Hilton hingegen stellen einen verlässlichen Receiver-Typen dar. Beide sind mittlerweile nicht mehr für Big Plays bekannt, aber zumindest haben beide in den vergangenen Spielzeiten gezeigt, dass sie konstant in der Lage sind, Pässe für ihr Team zu fangen. Als ehemaliger Super-Bowl-Sieger mit den Broncos ist Sanders wohl die romantischere Lösung, Hilton die wohl mit dem höheren sportlichen Mehrwert.
Fest steht aber auch, dass die Broncos für beide Veteranen einiges an Geld in die Hand nehmen müssten, auch auf einem Ein-Jahres-Vertrag. Bei Spielern mit einem vorangeschrittenen Alter besteht zumindest ein Restrisiko darauf, ob diese weiterhin ihre guten Leistungen zeigen können und dabei verletzungsfrei bleiben. Weniger Risiko aufgrund des Alters gibt es da bei Will Fuller. Ich würde vielleicht sogar so weit gehen, dass Fuller aus sportlicher Sicht von allen genannten Kandidaten die stärkste Lösung darstellen würde. Das große Aber bei der Personalie Fuller ist seine Verletzungs-Historie, die seinem Engagement bei den Miami Dolphins in der vergangenen Saison ein jähes Ende setzte.
Das Fazit
Was lässt sich also abschließend zur Situation um Tim Patrick sagen? Die Broncos verlieren ein Maß an sportlicher Leistung auf dem Platz und Charakter daneben, welches unmöglich ersetzbar sein wird. George Paton wird einige Fragen nach der Saisonvorbereitung für sich beantworten muss: Sind Sutton und Jeudy in der Lage, konstant Top-Leistungen zu bringen? Können Hamler, Hinton, Fulgham oder Rookie Washington die Lücken dahinter adäquat füllen? Oder lohnt es sich, das Risiko für einen Spieler von außerhalb zu gehen, der die Lücke füllen soll? Fragen über Fragen, für die wahrscheinlich Paton selber zumindest heute noch keine Antworten weiß. Die Preseason-Spiele werden zumindest ein paar Antworten auf diese Fragen liefern können, alle anderen muss Paton finden. Ein Grund mehr auf jeden Fall für Fans der Broncos, sich auf die Vorbereitungsspiele ihrer Mannschaft zu freuen. In einer Sache werden sich dennoch alle einig sein können: Gute Besserung an Tim Patrick und hoffentlich sehen wir ihn im nächsten Jahr wieder auf dem Platz mit seinen Leistungen glänzen.
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